Geh’ mit
auf Entdeckungstour
in Ostenfelde!
Ostenfelde ist ein Ort im Münsterland. Es ist einer von vier Stadtteilen der westfälischen Kleinstadt Ennigerloh. Urkundlich ist die Ortschaft Ostenfelde erstmals im Urbar des Klosters Werden an der Ruhr im Jahr 890 urkundlich erwähnt. Mittelpunkt des Ortes ist der Margarethenplatz. Hier stand bis zum Jahr 1861 die Pfarrkirche. Sie wurde abgerissen und an anderer Stelle im Ort wieder neu aufgebaut.
Am Ortsrand von Ostenfelde befindet sich das Schloss Haus Vornholz, wo bis 1977 auch das Gestüt Vornholz seinen Wirkungsplatz hatte. Das Gestüt war die Keimzelle der deutschen Reiterei im Turnierreitsport nach dem zweiten Weltkrieg. An dieser Stelle sei nur an das Turnier der Sieger und dem legendären Hengst „Ramzes“ erinnert.
Aber es gibt noch viele weitere interessante geschichtliche Orte und Plätze und Gebäude neben dem Pferdesport, in und um Ostenfelde, die es wert sind, sie hier zu erwähnen bzw. denen man einen Besuch abstatten kann.
Gehen sie auf Entdeckungstour!
Ihre Ostenfelder Bürgerschaft!
RAMZES von Rittersporn xx a.d. Jordi von Shagya x-3
Die Vornholzscher Pferdezucht und ihre sportlichen Erfolge
Clemens von Nagel war Sohn des letzten Beberbecker Landstallmeisters. Das Beberbecker Hauptgestüt (Nähe Kassel) war 1929 aufgelöst worden. Clemens von Nagel wußte aber, wo die guten Stuten hingekommen waren – nämlich nach Polen – und kaufte einige davon aus Polen zurück. Zusätzlich erwarb er den Beberbecker Hengst Oxyd – den Namen merken Sie sich bitte – und baute darauf die Vornholzer Zucht auf. Das erwies sich als sehr glückliche Grundlage, die nach und nach durch den Einsatz von Vollblut – und Anglo-Araber-Hengsten veredelt wurde. Da war er seiner Zeit sehr weit voraus … und heute hinken wir dieser Veredelungsstrategie wieder deutlich hinterher.
Als Vollbluthengst sei Pernod xx genannt, der vom Rennpferd zum erfolgreichen Dressur-Grand-Prix-Pferd umfunktioniert und ebenso erfolgreich als Deckhengst eingesetzt wurde.
Als Anglo-Araber nenne ich den berühmten Ramzes ox, den man wohl als Jahrhundert-Hengst bezeichnen muß. Dieser Hengst pendelte in der Vor-Vornholz-Zeit als Jagd-und Kutschpferd zwischen Polen und Schleswig-Holstein hin und her. Empfohlen wurde er Clemens von Nagel übrigens von Landstallmeister Hans Fellgiebel, dem Großvater der heutigen Bundestrainerin der Deutschen Dressurreiter, Monica Theodorescu.
Baron von Nagel hat es verstanden, unmittelbar nach dem Krieg die bedeutendsten Ausbilder nach Vornholz zu holen. Das war in der Dressur Otto Lörke, ergänzt um Willi Schultheis; und im Springen Hans Heinrich (Micky) Brinkmann. Lörke und Brinkmann waren schon vor dem Krieg herausragende Reiter und Ausbilder; Schultheis war Lörkes wichtigster und erfolgreichster Schüler. Alle 3 wurden später Bundestrainer. Micky Brinkmann wurde zusätzlich internationaler Parcourschef –u.a.über lange Jahre beim CHIO Aachen und bei den Olympischen Spielen 1972 in München.
So wurde Vornholz schon Ende der 1940ger Jahre zu einem herausragenden Zentrum für Pferdezucht, Pferdesport und hochkarätiger Ausbildung von Pferd und Reiter – noch bevor sich das Deutsche Olympiadekomitee für Reiterei (DOKR) in Warendorf angesiedelt hatte.
Im Weiteren muß ich die drei Elemente: Pferdezucht, Pferdesport, Ausbildung und Training von Pferd und Reiter zusammen betrachten:
Die ersten Olympischen Spiele nach dem zweiten Weltkrieg, an denen Deutschland teilnehmen durfte, waren 1952 in Helsinki. Das DOKR – seit 1950 unter Leitung von Dr. Gustav Rau in Warendorf – etsandte 3 komplette Mannschaften: Dressur, Springen und Vielseitigkeit.
Die Dressurmannschaft wurde vollständig aus Vornholz gestellt: Ida von Nagel (Schwester von Baron Clemens) auf Afrika (von Oxyd); Heinz Pollay (Olympiasieger von 1936) auf Adular (von Oxyd) und Fritz Thiedemann auf Chronist xx; Ausbilder der Pferde und Trainer der Mannschaft: Otto Lörke. Ergebnis: Bronze-Medaille – hinter Schweden und der Schweiz.
Das gab es noch nie und wird es wohl nie wieder geben: Eine Olympiamedaillen-Mannschaft komplett aus einem Gestüt: Pferde Vornholzer Zucht, Reiter, die in Vornholz trainieren, zusammengestellt und trainiert von dem Vornholzer Otto Lörke.
Ein Nebensatz zu Fritz Thiedemann – auch eine Nachkriegs-Lichtgestalt: er, der Springreiter, gewann also mit der Dressurmannschaft die Bronze-Medaille, parallel im Springen mit Meteor die Einzel-Bronzemedaille; 1956 zusammen mit HGW und Alfons Lütke-Westhues Mannschaft-Gold; in der Eizelwertung wurde er 4.; 1960 zusammen mit HGW und Alwin Schockemöhle Mannschafts-Gold; in der Einzelwertung wurde er 5. Eine staunenswerte olympische Bilanz!
Zurück nach Vornholz. Otto Lörke zog es nach dem Helsinki-Erfolg zu Linsenhoff nach Kronberg; und Willi Schultheis zog es zu Springer nach Hamburg. Die nächsten Olympischen Dressurwettkämpfe – 1956 in Stockholm – waren aber noch von Vornholz geprägt. Adular (von Oxyd) ging jetzt unter Liselott Linsenhoff; Afrika (von Oxyd) unter Anneliese Küppers; hinzu kam Hannelore Weygand mit Perkunos. Trainer war wieder Otto Lörke. Das Ergebnis: Mannschafts-Silber und Einzel-Bronze.
Clemens von Nagel widmete sich nach dem Fortgang von Lörke und Schultheis aber dem Springsport -. Sowohl in der Zucht als auch im Sport. Neben Micky Brinkmann kamen Fritz Ligges, Lutz Merkel und Lutz Gössing als Springreiter hierher. Und als Springpferd und Vererber nannte ich Ihnen ja schon: Ramzes ox. Er war eine züchterische Doppelbegabung. Als Beispiele nenne ich: Fritz Thiedemanns Retina (Derby-Sieger); HGW´s Romanus (neben dem späteren Torphy das Pferd nach Halla); Alwin Schockemöhles Ramona (u.a. zweite im Derby hinter Thiedemann/Retina) als herausragende Springpferde; – und als herausragende Dressurpferde Harry Boldts Remus (1964 OS Mannschafts-Gold und Einzel-Silber) und Josef Neckermanns Mariano (1966 Weltmeister und 1968 OS Mannschafts-Gold und Einzel-Silber).
So war Vornholz züchterisch und sportlich wirklich weltweit einmalig. Und Baron von Nagel blieb trotz der grandiosen Erfolge wegweisend/modern. Er überschritt züchterisch weiterhin die Landesgrenzen und holte holsteiner Stuten hierher. Für Westfalen damals ein Unding. Und dann holte er auch noch Ramiro (Ramzes-Nachkomme;Erfolgspferd von Fritz Ligges) und später Caletto I (Michael Rüpings späteres Nationenpreis-und EM-Pferd) aus Holstein nach Vornholz. Mit Caletto I importierte er die Kombination aus holsteiner und französischem Blut. Und wenn man an Fritz Ligges Erfolgspferde Ramiro, Fatinitza, Rodney und Robin (Mannschafts-Olympiasieger 1972) oder an Ludger Beerbaums Ratina Z (Mannschafts-Olympiasieger 1996, Weltcup-Sieger, Europameister) denkt, oder an Lutz Gössings Rosella, oder an den die westfälische Zucht prägenden Landbeschäler Radetzky (Vollbruder zu Mariano), dann sollte man sich erinnern: überall steckt Vornholzer Blut d´rin!
Ein zusätzliches Wort noch zu Rosella und Lutz Gössing – weil die beiden so sehr hierher gehören: Rosella stammt aus der Linie Ramzes – Ramiro. Lutz Gössing war Vornholzer Reiter. Und beide zusammen gewannen 1986 in Vornholz das Bundeschampionat des Deutschen Springpferdes. Das ist doch einfach toll!
Reinhard Wendt Leiter des DOKR a.D. 09. Juni 2019